Aktuelles
Kreistagsfraktionen nehmen Stellung zu Referentenentwurf
Kombinationshaltung muss im Tierschutzgesetz unbedingt erhalten bleiben
In einem aktuell versandten Schreiben an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nehmen die Kreistagsfraktionen des Landkreises Garmisch-Partenkirchen Stellung zum Referentenentwurf zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes".
Vertretungen aller Fraktionen des Kreistages des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, des örtlichen Tierschutzes, der Landwirtschaft und des Naturschutzes stimmen demnach völlig überein, dass die Kombinationshaltung unbedingt erhalten bleiben muss, um Schlimmeres zu verhindern. Die vorgesehene Ausnahme in § 21 sei an nicht hinnehmbare und unzweckmäßige Bedingungen geknüpft. Es wird aus diesem Grund das Bundesministerium für Ernährung Landwirtschaft um Streichung dieser Bedingungen gebeten. Die Fraktionen hoffen, dass die Argumente Gehör finden, nicht zuletzt auch im Interesse des Tierschutzes und der Ökologie.
Der Wortlaut der Resolution:
Gemeinsamer Antrag
der Fraktionen von CSU, Bündnis 90/Die Grünen, Freie Wähler der Landkreisgemeinden, Freie Wähler Garmisch-Partenkirchen / Oberes Loisachtal, ÖDP, SPD und Bayernpartei des Kreistages Garmisch-Partenkirchen
zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes"
„Der Landrat und die Verwaltung werden gebeten, sich zur Abwendung erheblicher nachteiliger Folgen für die Landwirtschaft, die Landeskultur, den Naturschutz, die Biodiversität und das Tierwohl bei der Bundesregierung für Verbesserungen gegenüber dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes" mit dem Ziel des dauerhaften Erhalts der Kombinationshaltung einzusetzen.
1. Es müssen die in §21 vorgesehenen Ausnahmen auch für Hofnachfolger gelten.
2. Es muss auf den Zwang für Tier und Mensch verzichtet werden, die Tiere außerhalb der Weidezeit und im Winter austreiben zu müssen oder Zugang zu einem „Freigelände" zu schaffen."
Begründung:
Im Referentenentwurf zum neuen Tierschutzgesetz ist neben vielen anderen Änderungen auch ein Verbot der Anbindehaltung nach einer Fünfjahresfrist enthalten. Die Kombihaltung soll gemäß dem Entwurf ausnahmsweise solange zulässig sein, bis die Hofübergabe an die Folgegeneration erfolgt.
Die ganzjährige Anbindung von Rindern ist nach verbreiteter Ansicht nicht tiergerecht. Davon konsequent zu unterscheiden ist allerdings die Kombinationshaltung. Denn diese vor allem im Alpenraum seit jeher gebräuchliche Tierhaltungsform mit Sommerweide wird Tierwohlaspekten mehr als gerecht. Die Tiere führen im Herdenverband über Monate ein freies und besonders artgerechtes Leben (mit allen Umweltreizen, abwechslungsreichem, natürlichen Futter auf großen Flächen). Das weit überdurchschnittliche Lebensalter, die Gesundheit und Vitalität der Tiere und der enge Mensch-Tier-Kontakt in Betrieben mit Kombinationshaltung sprechen für sich.
Die Kombihaltung mit Sommerweidegang ist nicht nur sehr tiergerecht, sondern auch unverzichtbar für den Fortbestand der Berglandwirtschaft mit ihrer herausragenden Bedeutung für Landeskultur, Umwelt und Biodiversität im gesamten Alpenraum. Die Schutz- und Erhaltungsziele der meisten Schutzgebiete in unserem Landschaftsraum bauen auf pfleglicher traditioneller Bewirtschaftung auf.
Eine Nachbesserung des § 21 des Referentenentwurfes ist zwingend notwendig. Andernfalls hat die kleinstrukturierte Landwirtschaft in den Alpenlandkreisen keine Zukunft. Unabhängig von der Frage, welches die bessere Haltungsform ist, wäre eine Umstellung von Kombihaltung auf Laufstallhaltung gerade in Gebirgsräumen in der Praxis oft gar nicht möglich. Entweder sind die notwendigen Investitionen nicht stemmbar, oder es liegen die baurechtlichen Voraussetzungen für eine Aussiedlung in den Außenbereich gar nicht vor. Abgesehen davon sollte der Außenbereich möglichst geschont und nicht zersiedelt werden.
Eine Verabschiedung des Gesetzes in Form des aktuellen Referentenentwurfs ohne Nachbesserung des § 21 in obigem Sinne wäre unverantwortlich und hätte zusammenfassend folgende Konsequenzen:
- Viele gerade kleinere bäuerliche Betriebe besonders im Alpenraum würden vor dem Aus stehen. Dabei handelt es sich gerade auch um diejenigen Bauernhöfe, die für die Biodiversität am unverzichtbarsten sind.
- Das Erscheinungsbild unserer einzigartigen Kulturlandschaft würde sich drastisch verändern, mit allen negativen Auswirkungen für Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft und Tourismus.
- Tiere auf der Weide würden zum großen Teil der Vergangenheit angehören, Rinder würden wohl überwiegend nur noch unter Dach gehalten. Das kann nicht Ziel eines Tierschutzgesetzes sein.
- Ein durch das Tierschutzgesetz ausgelöstes, dramatisches Höfesterben würde auch das Ende unserer jahrtausendealten und sehr tier- und umweltgerechten Almweiden im deutschen Alpenraum bedeuten mit allen negativen Folgen für die Biodiversität.
- Sicher ist auch, dass viele außergewöhnlich artenreiche Wiesenlandschaften wie die preisgekrönten Buckelwiesen im Isartal (EUROPA NOSTRA) und die Streuwiesenlandschaften des Landkreises (Naturschutz-Großprojekt des Bundes „Murnauer Moos") großen Schaden nehmen würden.
- Es würde ein beispielloser Zusammenbruch der Landnutzung in unserem Landkreis drohen mit einem enormen Artensterben ausgerechnet im Gebiet mit dem bundesweit höchsten Flächenanteil im Netz Natura 2000 (Hinweis: Die Bundesrepublik Deutschland würde deshalb unweigerlich auf Beanstandungen der EU – Kommission (Verschlechterungsverbot!) und auch auf erhebliche Strafzahlungen zusteuern).